Überwachung in HDTV-Qualität: Kamera M50 von Axis Communications (Bild: Axis).
Einst wachte selbst auf kleinen Dorf-Bahnhöfen ein Bahnhofsvorsteher, heute sollen sogar auf stark frequentierten S-Bahnhöfen in Großstädten nur ein paar unauffällige Elektronik-Helfer dafür Sorge tragen, dass sich potenzielle Gewaltverbrecher und sonstige Missetäter ausreichend beobachtet fühlen – und sich im Idealfall deshalb gesetzeskonform verhalten.
Das funktioniert oft, aber längst nicht immer, wie regelmäßig neue Meldungen von Gewalttaten gerade im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs beweisen. Untersuchungen zum Thema kommen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen: So sagen mehrere britische Studien aus, das Videoüberwachung die Kriminalität verringert. Allerdings schießt inzwischen selbst nach Ansicht von Politikern so manche Einrichtung über die mit der Videoüberwachung öffentlicher Plätze angestrebten Ziele hinaus.
Eine Auswertung durch das Büro für angewandte Statistik über die Kriminalität in Berliner U-Bahn-Wagen ergab dagegen, dass diese nach der Einführung der 24-Stunden-Videoüberwachung sogar noch anstieg. Schon im Jahr 2005 erhielt die Technik für die „schleichende Degradierung“ von Menschen zu „überwachten Objekten“ und der „Verharmlosung der Folgen von flächendeckender Überwachung“ den Negativpreis Big Brother Award.
Moderne Überwachungs-Leitstelle: Komplettlösungen sind schon für unter 1000 Euro erhältlich (Foto: Mobotix).
Trotz solch kritischer Stimmen ist für die Industrie das Thema Videoüberwachung ein Wachstumsmarkt. So rechnet das Branchenanalystenunternehmen IMS Research damit, dass er über die nächsten fünf Jahre hinweg eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von über 27 Prozent aufweisen wird. Bis zum Jahr 2014 soll der Weltmarkt für Videoüberwachungsprodukte nach den IMS-Prognosen ein Volumen von über 14,4 Milliarden Dollar erreichen.
Gründe für das rasche Wachstum sind nicht nur ein gesteigertes Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle oder die (möglicherweise lediglich vermutete) Zunahme der Kriminalität. Die wesentlich geringeren Kosten von Netzwerkkameras und -überwachungslösungen im Vergleich zu herkömmlichen CCTV-Systemen spielen ebenso eine wichtige Rolle wie die größere räumliche Unabhängigkeit des Überwachers vom überwachten Objekt: Während sich bei CCTV der Überwachungsbildschirm je nach finanzierbaren Kosten mehr oder weniger nah an der Kamera befinden muss, kann eine IP-Kamera im Prinzip von jedem Ort mit Internetzugnag aus kontrolliert werden.
Außerdem lassen sich von IP-Kameras erstellte Bilder mit Software wesentlich leichter auswerten als die herkömmlicher Kameras. Wichtig ist das zum Beispiel, wenn nur Bildauschnitte überwacht werden sollen oder dürfen. Und schließlich ist es wesentlich einfacher, Ereignisse im Bild als Auslöser einer Aufnahme zu definieren. Beispielsweise lässt sich das Öffnen einer Tür, das eine Bewegung in dem davon betroffenen Bildausschnitt verursacht, als Signal festlegen, um lediglich einige Sekunden davor und eine bestimmte Zeitspanne danach zu speichern oder um das Bild auf einem Überwachungsbildschirm anzuzeigen, beziehungsweise einen anderen Alarm auszulösen. Wer einmal alte Überwachungsaufzeichnungen durchgesehen hat weiß, wie sehr sich dadurch die Arbeit erleichtern lässt.
Neben Spezialanbietern wie dem Netzwerkkamera-Marktführer Axis Communications oder dem deutschen Hersteller Mobotix entdecken immer mehr klassische IT-Hersteller den Markt, der im Branchenjargon „IP Surveillance“ heißt, für sich. So stößt der Interessent bei einer kurzen Recherche auf bekannte Markennamen wie D-Link. Außerdem springen die aus der Videoüberwachung per Fernsehtechnik kommenden Anbieter Panasonic, Sanyo oder Sony. Aber auch der deutsche Türschloss-Spezialist Abus oder der Bosch-Konzern haben sich längst Standbeine in der Videoüberwachung aufgebaut.
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2 Kommentare zu IP-Surveillance: Preisrutsch und Technologiesprünge
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Interessanter Artikel
Ein recht interessanter Artikel. Aber etwas fehlt meiner Meinung nach. Das Thema Bildqualität.
Ich würde mir wünschen, dass man mehr auf das Thema eingeht. Denn gerade IP Kameras nutzen oft billige CMOS Sensoren.
Ich habe letztes Jahr im öffentlichen Dienst gearbeitet. Dort war ich als Techniker für die Schulen der Stadt zuständig. Gerade Schule die etwas abseits liegen haben mit massiven Probleme durch Einbruch und Vandalismus zu kämpfen. Daher wurden einige Schulen mit IP Kameras ausgestattet. Das Problem war aber, dass man auf den Bilder zwar genug erkannte, es jedoch rechtlich dennoch nicht ausreichend war. Oftmals haben die Kameras Sachbeschädigungen dokumentiert, jedoch lehnte die Polizei die Bilder mangels Qualität ab. Jedes mal mit der Begründung, dass der Täter nicht ausreichend identifizierbar ist und daher die Bilder als Beweismittel nicht verwendet werden können.
Daher ist meine Empfehlung, sich von einen Fachmann beraten lassen und auf die ganzen billigen Kameras der PC Hersteller einen großen Bogen machen.
Und was Thema Sicherheit in Bahnhöfen angeht. Kameras sind kein Allheilmittel. Egal wie gut diese sind. Bei uns im Dorf wurde z.b. eine Tankstelle mehrmals im Jahr überfallen. Es gab jedes mal klare Bilder von den Tätern. Allerdings trugen diese Sturmmasken, Sonnenbrillen oder ähnliches.
Darauf hin hat die Tankstelle die Kasse einfach ausgetauscht. Diese ist jetzt an einen Tresor angeschlossen und gibt nur soviel Geld raus wie nötig. Der Kassierer selbst hat gar keinen Zugriff mehr auf das Bargeld.
Sehr effektive Methode. Auch ohne teure Kameras.
Komisch
Hallo,
schon ime ersten Satz muss ich mich wundern:
„heute sollen sogar auf stark frequentierten S-Bahnhöfen in Großstädten nur ein paar unauffällige Elektronik-Helfer dafür Sorge tragen, dass sich potenzielle Gewaltverbrecher und sonstige Missetäter ausreichend beobachtet fühlen – und sich im Idealfall deshalb gesetzeskonform verhalten.“
unauffällige Kameras sollen abschrecken? Hallo?
Die meisten Täter sehen die Kameras nicht oder sind zu doof zu begreifen was moderne Kameras leisten.
Deshalb funktioniert die Abschreckung durch Überwachung niemals.
Leider geben mir die aktuellen Fälle auch recht.
Grüße
Hingucker
Sie haben Recht, die Formulierung mit „unauffällig“ und „abschrecken“ ist etwas unglücklich weil missverständlich. Ob die Abschreckung durch Überwachung funktioniert oder nicht – vor allem im öffentlichen Raum – lässt sich in diesem Beitrag leider auch nicht klären, dazu wäre sehr umfangreiches Datenmaterial unter anderem der Strafverfolgungsbehörden erforderlich. Im weiteren Verlauf des Beitrag geht es unserem Autor ja aber auch weniger um die Überwachung/Abschreckung im öffentlichen Raumn, sondern vielmehr um Kontrollmöglichkeiten im privaten/gewerblichen Umfeld. Und da lassen sich die neuen IP-Überwachungskameras wegen ihres deutlich geringeren Preises und der zusätzlichen technischen Möglichkeiten durchaus sinnvoll einsetzen – zum Beispiel auch, um Alarme auszulösen und so die zeitnahe Verfolgung von Straftätern oder andere Gegenmaßnahemn einzuleiten. Ein Szenario, das die Hersteller hier immer wieder nennen, sind Ferienwohnungen und -häuser.
Peter Marwan
ZDNet-Redaktion